02.07.2010

Über eine Form von Politik

Es entbehrt einger Ironie nicht, wenn man sich selbst irgendwann plötzlich innerhalb politischer Kontexte wiederfindet. Manchmal kann das sogar gruselig sein.

Ich bin sehr dafür, nicht bloßß Wissenschaften in Frage zu stellen, sondern die Grundlagen, auf der Wissenschaften bauen; man nennt dies ihre Episteme, also das jenige Sammelsurium von Wissen, aufgrund dessen eine Wissenschaft den Anspruch erhebt "was hier gesagt wird, ist wahr". Die fundamentalen Erkenntnisse, die Erkenntnisse, die als "gesichert" gelten und auf denen alles weitere fußt: so etwas nennt man Epistem.

Erwähnte Ironie wird absurd, wenn man aufgrund solcher Infragestellungen mehr oder weniger dazu gezwungen wird, politisch sich zu bekennen, oder mindestens die Zwänte wahrnimmt, dass ein politisches Bekenntnis Not tut, ja in dem, was man fragt, impliziert ist. Frucht eines solchen Weges ist die erstmal nutzlos Erkenntnis, dass Spezifikation und Intellektuallität keine Referenz für politische Neutralität ist; ja das Gegenteil ist vielmehr der Fall, und das wird jedem leicht ersichtlich sein: wenn ich sozialdarwinistische Theoreme verfolge, dann habe ich damit ein (durchaus fragwürdiges) politisches Statement abgegeben, nämlich jenes Statement, es gäbe lebenswertes (biologisches) Leben und, dem gegenüber, lebensunwertes Leben; verfolge ich solche Theoreme, bekenne ich mich definitiv zu einer Politik, die die Durchsetzung der impliziten Interessen (Ausrottung lebensunwerten Lebens) verfolgt. Ebenso positioniere ich mich, wenn ich Wissenschaft als solche und alle an sie gebundenen Instanzen und Institutionen in Frage stelle, in Frage stelle bezüglich nicht nur ihrer politischen Ausrichtung ("Lass uns ein paar Menschen konditionieren"), sondern ihrer sämtlichen ethischen Implikationen. Und da steht man dann plötzlich, weil man sich etwas gefragt hat, vor einem ganz anderem Problem, nämlich dem der ethischen Folgen von Wissenschaft. Wir brauchen hier nicht die dunkelsten Menscheitskapitel auszugraben (gleichwohl es lohnt), um zu verstehen, dass Wissenschaften und Forschungen ethisch mehr als zweifelhaft sein können; wenn dem aber so ist, so heißt dies, dass in Wissenschaft und Forschung diese Möglichkeit selbst gegeben ist: sie kann sich für unterirdischste Zwekce instrumentalisieren lassen und man sei hier nicht so naiv anzunehmen, dass diese Fragwürdigkeiten in einem Zeitalter wie von selbst offenbar seien oder in den Zeitungen publiziert würden: wenn überhaupt, so kann man in den Zeitungen sehen, WAS diskutiert wird und WIE es diskutiert wird; niemals aber sieht man, was die ethischen Auswirkungen in der Zukunft sein werden, denn es gibt kein Hellseher.

Die Wissenschaften in Frage gestellt, die "Dienstbarkeit der Intellektuellen" als ethisches Problem verstanden, dies führt dazu, dass man sich selbst als ein politisches Subjekt konstituieren muss. Aber, und das ist die Frage, woher kommt das wohl?

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